- Flora Luginsland
Female Empowerment und Leadership – Empfehlungen zur Reflexion und Veränderung
Linda Scott mit DoubleX Economy und Sheryl Sandberg mit Lean in haben uns Frauen literarische Monumente geschaffen. Das Seminar Selbstsicher in Führung gehen hat viele dieser monumentalen Tatsachen in leichtfüßige, lebensnahe work hacks verwandelt.
Mehr dazu hier:

Ich verstehe mich selbst nicht als Feministin. Genau wie für Sheryl Sandberg (LeanIn, 2013) und viele andere Frauen, ist der Begriff ist für mich negativ konnotiert: Lediglich 24% der Frauen in den USA bezeichnen sich als Feministin. Wird diesen Frauen allerdings eine genaue Definition von Feminismus angeboten, steigt der Anteil auf 65% (Alfano, 2009).
Und selbstverständlich bin ich Feministin, da meine Grundüberzeugungen Frauen und Männer bedingungslos und selbstverständlich als gleichgestellt begreifen – ganz egal ob sozial, ökonomisch oder politisch. Ich bin Teil einer Generation, die in den Genuss vieler Frauenrechte gekommen ist und diese als selbstverständlich angesehen hat. Vielleicht haben wir es deshalb nicht für notwendig gehalten, das F-Label stolz auf unserer Brust zu tragen.
Dass Männer und Frauen trotz aller (gesellschaftlichen, politischen, institutionellen…) Bemühungen faktisch nicht gleichgestellt sind, haben wir in der Schule, beim Fernsehen, bei unseren Eltern oder spätestens im Laufe unserer beruflichen Laufbahn verstanden.
Dank Vorbildern wie Sheryl Sandberg und Linda Scott sind unsere individuellen, subjektiven Einzelerlebnisse von „Ungleichheit“ zu einer kollektiven Wahrheit geworden. Mithilfe wissenschaftlicher Argumente und ungeschönter Worte bringen beide Damen jene Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten auf den Punkt, die Frauen bewusst und unbewusst, subtil und explizit wahrnehmen, bislang aber nicht als „geteilt“ oder „verbindend“ verbuchen. So, als wären wir selbst lediglich eine ungewöhnliche Ausnahme – nicht weiter wichtig. Sie hat den Einzelfall zu einem Kollektiv vereint.
Durch Sandbergs unzählige Beispiele wird evident, inwiefern Frauen andere Voraussetzungen mitbringen – sei es durch Erziehung, Prägung, gesellschaftliches Rollenverständnis, Glaubenssätze, erlernte Verhaltensmuster u.v.m. So finden sie andere Rahmenbedingungen im Berufsalltag vor als Männer.
Lean in zitiert Tatsachen wie:
Wenn Frauen zu ihrem Erfolg stehen, werden sie gerade deswegen (von anderen Männern und Frauen) weniger gemocht (Heilmann, 2004)
Eine Frau, die in einem Vorstellungsgespräch ihre Qualifikationen für den Job oder frühere Erfolge erwähnt, verringert ihre Chancen, eingestellt zu werden (Rudman, 1998, Rudman & Glick 1999 & 2000)
Erfolg und Beliebtheit korrelieren bei Männern positiv und bei Frauen negativ (Heilmann & Okimoto, 2007)
Trotz identischer Qualifikationen und Berufserfahrungen werden Frauen in Bewerbungsgesprächen als weniger kompetent eingeschätzt und erhalten niedrigere Einstiegsgehalte. Der Gender Bias beeinflusst die Bewertung von Leistung (Korn, 2012).
Ganz verkürzt gesagt: Die Wahrnehmung des Geschlechterunterschieds begünstigt ungleiche Erwartungshaltungen, Maßstäbe … und folglich ungleiche Bewertungen und ungleichen Chancen.
Die beschämenden Zahlen von Frauen in mittleren und hohen Führungspositionen sowie die seit Jahrzenten andauernde Diskussion um die Frauenquote untermauern diese Tatsachen.
In meinem corporate job habe ich regelmäßig Situationen erlebt, die mich an mir selbst zweifeln ließen, mich verletzten, verunsicherten, frustrierten und ausbremsten. Einen wichtigen Beitrag zur Auflösung dieser inneren Zerrissenheit und erlebten Benachteiligung leistete vor Kurzem ein Seminar: Selbstsicher in Führung gehen (https://frauen-in-fuehrung.berlin). Meine Zerrissenheit und Benachteiligung hätte ich anders bewerten und somit konstruktiver kanalisieren können, wenn ich dieses zu Beginn meiner Laufbahn besucht hätte.
Das Seminar hat für mich einen wirkungsvollen Rahmen geschaffen, der meine existierenden Erfahrungen, Gedanken und Glaubensätze erklärt, relativiert und neu beleuchtet. Aktuelle und aufbereitete Forschungsergebnisse brachten unser Diskussionsniveau auf eine faktische Ebene, die dennoch Antworten auf emotionale Herausforderungen bot.
Klar ist, es gibt nicht „die Männer“ und „die Frauen“. Es gibt Frauen, die stereotyp-männliche Eigenschaften, Fähigkeiten, Kompetenzen aufweisen und Männer, deren Stärken stereotyperweise eher Frauen zugeordnet werden.
Klar ist aber auch, es gibt evolutionsbiologisch begründbare und gesellschaftlich erwachsene Verhaltenspräferenzen und gelebte Diskrepanzen zwischen Männern und Frauen.
Wir leben in einer männlich geprägten Arbeitswelt. Mitspielen kann nur, wer die Regeln kennt und versteht. Erfolgreiche Frauen spielen nach diesen Regeln und dekodieren, verstehen und sprechen die männliche Sprache.
Ein Learning des Seminars war, dass ich die männliche Grundhaltung und das Selbstverständnis ergründen und davon lernen kann: Begründet der Großteil meiner männlichen Kollegen, warum er einen Termin verschiebt oder zu wann er eine Deadline setzt? Fühlt sich ein Mann persönlich angegriffen, wenn ihn ein Kollege bei einer Präsentation inhaltlich herausfordert und einen verbalen Schlagabtausch anregt? Wäre es meinem Kollegen unangenehm, zuzugeben, dass er fünf Sprachen spricht? Möchte er lieber nicht allzu deutlich zugeben, wie gut er mit Excel umgehen kann? Sicher nicht.
Wie viele Frauen erinnern Situationen, in denen sie neue Ideen in eine Gesprächsrunde eingebracht haben, ohne dass die Gruppe reagiert hat. Wurde nicht genau diese Idee wenig später von einem Kollegen wiederholt und von der Gruppe konstruktiv, vielleicht enthusiastisch aufgenommen? Wie oft saßen wir mit Kollegen zusammen und haben vermeintlich lockere Späße über Po, Gang oder Beine … einer anderen Kollegin überhört? Wie oft wurde im Vergleich über genau diese Themen bei männlichen Kollegen gewitzelt?
Frauen und Männer verhalten sich auf vielen Dimensionen unterschiedlich, es werden unterschiedliche Erwartungen an die jeweilige Gruppe gestellt und (auch unbewusst) unterschiedliche Bewertungen vorgenommen. Und: Frauen werden selbst heute den Männern in vielerlei Hinsicht noch nicht gleichgestellt, erwarten dies aber.
Es wird deutlich, dass der ganzen Debatte ein gedankliches Oxymoron innewohnt: Gleichbehandlung trotz Ungleichheit. Ein gesunder, vielfältiger und fundierter Diskurs über diesen vermeintlichen Gegensatz ermutigt und ermöglicht, Unterschiede zwischen Männern und Frauen anzuerkennen, während wir gleichbehandelt werden wollen.
Birte McCloy, Wiebke Witt und Michael Noss sind ein kluges und facettenreiches Team, welches uns Teilnehmerinnen zwei Tage dabei begleitet hat, umzudenken, Verhaltens- und Kommunikationsmuster zu hinterfragen und mit ihnen zu brechen. Ein erfahrenes Trio, was uns eingeladen hat, die Zeit zu nutzen und uns zu erlauben, die eigene Körpersprache, Gestik oder Stimmlage zu verstehen und vielfältig auszuprobieren. Methoden wie kollegiale Fallberatung, Rollenspiele und individuelles Feedback boten hilfreiche, alltagstaugliche Anregungen für individuelle Weiterentwicklung. Dass Michael Noss seine männliche Perspektive punktuell, realitätsnah und zielgerichtet zur Verfügung stellt, ist ein durchdachter und sinnvoller USP des Seminars. In Summe: Das Seminarkonzept bietet wertvolle Anregungen zur Reflexion von „Gleichbehandlung bei Ungleichheit“.
Ich habe das Seminar verlassen mit dem Wunsch, dass es ein Standard in jedem corporate Trainingskatalog wird. Genauso wie die Lektüre von Lean In oder The Double X Economy. Damit würden sich Unternehmen, Führungskräfte, Männer wie Frauen, einen nachhaltigen Dienst erweisen, und quantifizierbaren Mehrwert in alle Richtungen stiften #inclusion #mutualunderstanding #mindset #successfulcollaboration #retentionrate #efficiency #effectivecommunication…